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Der gewisse Unterschied: Interview mit Christine Heitmann.

Text: Kerstin Lange       Foto: Helmut Römhild

Quotes

Wir nahmen eine Stunde Lateintraining, Thomas und ich, bei Iran Khadjeh-Nouri. Mehr brauchten wir nicht, denn danach war uns klar: Wir tanzen Standard.

Wer mit Christine Heitmann spricht merkt schnell: Zu verstehen, sich bewußt zu werden, zu entscheiden – genau darum geht es ihr.

Denn nur, wenn der Tänzer klar erkennt, was geschieht, kann er Abläufe kontrollieren, seine Leistung voll entfalten.

Christine Heitmann ist Profi: Seit 1996 verdient sie ihr Geld im Tanzsport.
Christine Heitmann ist das, was im Englischen als Coach bezeichnet wird. Ein Trainer also, der über reine Technik hinaus berät und – vor allem – weiterhilft.

 


Wie muß ein Coach sein,

der Christines Maßstab genügt?
Christine überlegt nicht lange: William Hsu, der sie in der S-Klasse trainierte, selbst ein sehr erfolgreicher Tänzer, sowohl als Amateur als auch als Profi – er hat das, was einen wirklichen Trainer auszeichnet: “William Hsu hat Stil, er ist ein wirklicher Berater, ein Freund”.

Vieles beeinflußt die Leistung eines Tänzers,

der Wettbewerb ist hart. Modernes Training kann nicht bei der Technik allein stehenbleiben.
Wie also sollte das Training aussehen?
“Zwei bis drei mal Training pro Woche, etwa ein bis eineinhalb Stunden. Lieber kürzer, dafür aber insgesamt umfassender: Auch Entspannung muß gelernt werden, der Tänzer muß mit seinem Lampenfieber umgehen können, muß sich die Zeit nehmen, um den Rat des Physiotherapeuten und der Experten für Ernährung und Fitness einzuholen und umzusetzen.”

 

Christine Heitmann

Deutscher Meister Hauptgruppe S-Standard, Gewinnerin der UK Rising-Star,
Platz zwei und drei der German Open Championships.
Mehrfache Finalistin von Welt- und Europameisterschaften.

Christine schult ihre Paare, den Wettkampf als Situation zu verstehen, in der vieles zu meistern ist.

Sie simuliert das Turnierfinale, Einzelauftritte – so lernt der Tänzer, seine Nervosität durch Routine zu bekämpfen.

Mit speziellem Mentaltraining macht sie bewußt, wie der Tänzer mit sich selbst und dem Partner erfolgreich zurechtkommt –  damit das Können nicht im Stress einfach untergeht, sondern verfügbar ist, wenn’s drauf ankommt.

Sie trainiert Floorcraft, einen charakteristischen Teil des English Style.
Denn die Tänzer sollen begreifen: sie sind nicht allein auf dem Parkett. Gerade, wenn es gilt, die eigene Leistung gegen andere abzusetzen, zeigt sich wahres Können erst im Miteinander auf der

vollen, manchmal übervollen Fläche.

Christine ist auch dabei, wenn ihre Paare antreten.

An vielen Wochenenden ist sie vor Ort, betreut ihre Tänzer im Turnier, denn auch das ist im modernen Wettkampf entscheidend.

Sie selbst erlebte es anders.
“Unsere Trainer kamen nicht mit zu den Turnieren, wir mußten mit Rückschlägen und Frustration allein zurechtkommen.”

Als Christine noch an ihrem eigenen Aufstieg arbeitet, ist Expertenrat selten zu bekommen.

Nur wenige Gebiete außerhalb der Technik werden überhaupt abgedeckt, die Sportwissenschaft hat noch nicht viel zum Tanzsport beizutragen.
Christine setzt sich durch, zusammen mit ihrem Mann Thomas gehört sie schließlich zur Elite der deutschen Tänzer, werden im B, dann im A-Kader des DTV betreut.

“Zweimal im Jahr wurden Seminare abgehalten: Das war wenig, wir hätten gern mehr gehabt!
Einmal gab es in München eine Beratung zum Fitnesstraining. Leider haben wir das Gelernte schnell wieder vergessen.”

In nur zwei Jahren kommt Christine von der E bis zur S-Klasse,

ein Erfolg, der am Ende mit drei bis viermal Training pro Woche erkauft werden muß. Doch auch das genügte nicht, um Tanzsport der Weltklasse zu betreiben. Dafür gibt es nur einen Maßstab: Den English Style.

“Der englische Stil ist einfach ganz anders – melodischer, weicher, elegant. Deutschland wirkte dagegen manchmal, nun ja, quadratisch, praktisch, gut.”

In den letzten Jahren als Amateure trainieren Christine und ihr Mann mindestens alle zwei Monate in Grossbritannien, in Clubs wie der Londoner Starlight Academy.

Am Ende aber muß das Training aus Kostengründen aufgegeben werden:

“Du bezahlst ja alles selbst: Unterkunft, Seminare, Einzelstunden, Überfahrt. Da kommt einiges zusammen.”

1996 werden Christine und ihr Mann Professionals.

“Eine echte Herausforderung,” sagt Christine. “Zwar tanzt man weniger Turniere – es gibt nur vier in Deutschland –  dafür tritt man aber gegen ganz andere Paare an. Und das Geld wird dann auch professionell verdient.”

1997 das Highlight: Am Ende der ‘German Open Professionals Rising Star’ gibt es einen neuen Deutschen Vize-Meister der Profis: Christine und Thomas Heitmann.

Dann, noch im gleichen Jahr, trifft Christine ihre letzte Entscheidung als aktive Sportlerin: Aus gesundheitlichen Gründen beendet sie die Wettkampf-Karriere.

Was waren die größten Erfolge?

“Deutscher Vize-Meister, natürlich.
Und der 13. Platz in Blackpool. Wir setzten uns gegen Weltkonkurrenz durch!”
Christine und der English Style – immer noch unzertrennlich? Christine lacht:
“2009 werde ich wieder nach Blackpool fahren: die Wettkämpfe muß man sich einfach immer wieder ansehen.”

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Aktualisiert: 15.12.2008